Vor gut 150 Jahren hatte man rund um die Grube Messel reichhaltige Raseneisenerze gefunden. Die wurden abgebaut und industriell genutzt. Beim weiteren Vordringen entdeckte man die braunkohleartigen Verlandungshorizonte des Messeler Sees, die anfangs ebenfalls genutzt wurden, bis man 1876 auf Ölschiefer stieß – und bei ersten Versuchen, diesen abzubauen, ein Alligatorenskelett fand. Das wissenschaftliche Interesse war geweckt, eine erste Forschungsarbeit über die Grube Messel entstand 1898, und das Großherzogliche Landesmuseum Darmstadt erhielt 1912 die Rechte an Fossilfunden aus dem Messeler Ölschiefer. Gleichwohl blieb der Bergbau die Hauptnutzung der Grube, bis zu ihrer Schließung im Jahre 1971. Danach gab es ernsthafte Pläne, die Grube als zentrale Mülldeponie für ganz Südhessen zu nutzen – was am Ende wegen juristischer Formfehler verhindert werden konnte. Seit 1990 ist die Grube Messel UNESCO-Weltnaturerbe.

NS-Musterbetrieb der IG Farben

Ende der 1920er Jahre gehörten die Mineralölfabrik und die Grube zum gigantischen „IG-Farben“-Konzern. Messler Rohnaphta (Rohbenzin) veredelt man in unterschiedlichen konzerneigenen Werken zu „kriegswichtigen“ Treibstoffen. Die Fabrik wurde ein „NS-Musterbetrieb“. Eigene Meinungen wurden gefährlich; zeitweise gab es im Werk sogar eine eigene „Polizeistation“…

Das und viel mehr weiß Norbert Wendel, 65, aus Darmstadt am Di., 17.12. um 19 Uhr, beim nächsten Vortragsabend des Umstädter Museums- und Geschichtsvereins im Museum Gruberhof zu berichten. Der Referent hat bis zu seinem 26. Lebensjahr im Ortsteil Grube Messel gewohnt, rund zwei Kilometer vom Hauptort Messel entfernt. Er hat sich intensiv mit der Geschichte des Lagers Messel und des NS-Musterbetriebs befasst.

Von dem NS-Arbeitslager habe er selbst erst mit Mitte 20 erfahren, sagte Wendel gegenüber der Frankfurter Rundschau, und zwar, als in der Siedlung Grube Messel eine Stolperschwelle vor der Kapelle verlegt wurde – im Gedenken an 300 Zwangsarbeiter – Frauen und Männer. „Damals wurde mir auch bewusst, dass ich Leute kannte, die als Schließer im sogenannten Russenlager tätig waren.“ Beim Russenlager handelte es sich um eine stacheldrahtumzäunte Baracke von 220 Quadratmetern, in der rund 200 osteuropäische Zwangsarbeiterinnen zusammengepfercht waren. „Es gab dort Stockbetten, geschlafen wurde in Schichten“, sagt Wendel; gearbeitet ebenfalls – und zwar unter üblen Bedingungen. Wie keine andere Firma war die „IG-Farbenindustrie AG“ mit den Nazis verbandelt – der Konzern stand für die Versklavung Hunderttausender aus ganz Europa. Auch in Messel steigerte man mit über dreihundert „Fremdarbeitern“ den Profit. „Fremdvölkische Untermenschen“ vegetierten in den Baracken, wer nicht mehr konnte, kam ins KZ …

Gegen Kriegsende bombardierten die Alliierten die Fabrik. Die US-Armee beschlagnahmte alle IG-Farben-Werke und stellte die Verantwortlichen vor Gericht … Jahrzehntelang wurde das Thema Zwangsarbeit und das Arbeitslager totgeschwiegen …

Die „Umstädter Runde“ im Museums- und Geschichtsverein freut sich über interessierte Besucher jeden Alters! Er weist allerdings ausdrücklich darauf hin und bittet um Verständnis, dass der Veranstaltungsraum „Kuhstall“ max. 50 Plätze bietet und bei großer Nachfrage nicht alle Interessenten eingelassen werden können. Eintritt für die Vorträge wird nicht erhoben, freiwillige Spenden für die vielfältigen Aufgaben des Museums- und Geschichtsvereins sind willkommen.

Nächster Termin: 21.01.2025 – Larissa Anton: Filmabend – „Tod und Teufel“